Revolutionszeit

[94] „Karl Theodor Welcker […] darf in gewisser Beschränkung überhaupt als der Vater des Gedankens, ein deutsches Parlament zu gründen, gelten, denn schon im Jahre 1832 hatte er ihn in Form eines Antrages in der badischen Kammer zum Ausdruck gebracht. Und gerade an Welcker fand Scheffel in der Zeit dieser großen Bewegung engeren Anschluß: noch ehe er dazu kam, sich dem Staatsexamen zu unterwerfen, wurde er Sekretär Welcker’s, der im März 1848 Badens Gesandter beim Deutschen Bundestag in Frankfurt und dann Vertreter Frankfurts in der Deutschen Nationalversammlung geworden war.“

Scheffels politisches Lebensumfeld

[105] „Der Freisinn des dreiundzwanzigjährigen Jünglings wurzelte in Ideen und Stimmungen, aber nicht in einer in sich abgeschlossenen ausgereiften Überzeugung. Die Leiden des eigentlichen Volks hatte er nicht zu theilen gehabt, und so waren ihm auch seine Leidenschaften fremd. Er wollte eine große allgemeine protestirende Volksbewegung, aber keine „Putsche“. Als daher die große Volksversammlung in Offenburg vom 13. Mai, welche die Durchführung der Reichsverfassung in Baden, den deutschen Großmächten zum Trotz, beschlossen hatte, und welcher auch er beiwohnte, in der badischen Residenz im Ausbruch einer Militärrevolte ein kriegerisches Echo fand, welches die sofortige, übereilte Flucht des Großherzogs Leopold noch in derselben Nacht zur Folge hatte; als die zur Vertheidigung der Bürgerschaft und der Stadt aufgerufene Bürgerwehr in dieser Nacht das Zeughaus zu vertheidigen hatte, welches Aufständische tumultuarisch zu stürmen suchten; als er das Haus seiner geliebten Eltern bedroht sah: fanden ihn die Ereignisse in den Reihen dieser Bürgerwehr, und an jenem siegreichen Kampf derselben zur Vertheidigung des Zeughauses war der junge Scheffel mit der Waffe unter Bethätigung hervorragenden Muths betheiligt. Aber es war kein froher Kampf und kein froher Sieg. Seine Sympathien für die Sache des Volks wie seine Antipathie gegen einen gewaltsamen Ausbruch der Volksleidenschaft, welcher der ersteren nur Einbuße bereiten mußte, standen sich in seinem Innern kämpfend gegenüber und erfüllten seine Seele mit schmerzlichem Weh.“

Johannes Proelß, Scheffel’s Leben und Dichten. Berlin 1887

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