Wer ist der Reitersmann?

 Lustig flatterte im Winde 
Ihm der lange graue Mantel,
Flatterten die blonden Locken,
Und vom aufgekrempten Hute
Nickte keck die Reiherfeder.

Das kann nur Jung Werner sein. So kennen wir ihn. Halt, nicht ganz … Sein Mantel ist doch rot! – Nein, im Originaltext ist er grau. Was für eine Enttäuschung.

 Um die Lippen zog der erste 
Flaum des Barts sich, den die Damen
Schätzen, denn er gibt die Kunde,
Daß sein Träger zwar ein Mann, doch
Seine Küsse nicht verwunden.

Held geht anders. Der ist ja nicht mal volljährig, ein halbes Kind noch. Nur ältere Damen finden den zum Knuddeln.

 Der jedoch schien zarte Mündlein 
Noch nicht viel berührt zu haben,
Und als wie zum Spotte macht' ihn
Schnee und Reif schier weiß erglänzen.

Nach der Einleitung war klar, dass er keine Erfahrungen hat. Machts nichts, kommt noch. Nur Geduld.

 Aus den blauen Augen flammte 
Glut und Milde, sinn'ger Ernst ihm,
Und es brauchte nicht des langen
Korbbewehrten Rauferdegens,
Der vom schwarzen Wehrgehänge
Schier hinab zum Boden streift', um
Anzudeuten, daß die Faust ihn
Ritterlich zu führen wisse.

Ja, was jetzt? Glut? Faust? Klingt nach Haudegen. Milde, sinn’ger Ernst? Klingt nach Musterschüler. Man wird aus dem Kerl nicht klug.

 Um das zugeknöpfte Reitwams 
Schlang ein Band sich, dran hing glänzend
Die vergüldete Trompete.
Vor Schneeflocken sie zu schützen,
Schlug er oft um sie den Mantel;

Ah, also doch Jung Werner, wie wir ihn kennen. Auf der Trompete macht ihm keiner was vor.

Aber wenn der Wind sich drein fing,
Daß sie schrill anhub zu tönen,
Dann umspielte seinen Mund ein
Sonderbar wehmütig Lächeln. –

Denkste. Der Wind schon. Und wenn da so schrille Töne rauskommen, dann kennt er das von irgendwo her. Was war denn da in Heidelberg?

Fassen wir zusammen: der Trompeter von Säckingen, wie er uns im ersten Stück des Buches beschrieben wird, ist eher ein schüchterner junger Mann als ein schneidiger Student. Mit dem Helden aus der Nessler-Oper hat er so gut wie nichts zu tun. Darüber braucht man nicht traurig sein.