Rebecca Brünnow war mit ihrem Ehemann, dem international angesehenen Astronom Franz Brünnow, 1874 nach Basel gezogen. Ihr Mann hatte seine Stelle als Leiter der Sternwarte von Dublin aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Ihr Sohn würde bald das Haus zum Studium verlassen. Da beobachtete die umtriebige US-Amerikanerin von der Schweiz aus den Jubel, der im Deutschen Reich zu Joseph Victor von Scheffels 50. Geburtstag ausbrach. Kam ihr damals der Gedanke, seinen „Trompeter“ ins Englische zu übersetzen, eine knifflige Arbeit, die viel Zeit und Stilempfinden verlangte? Vermutlich war es so, denn Rebecca hatte nicht nur einen deutschen Ehemann. Ihr Vater, der nun ebenfalls in die Schweiz lebte, war schon als Präsident der Universität von Michigan ein Bewunderer der deutschen Kultur.
Rebecca Brünnows englischer „Trumpeter“ ist ein Glücksfall. Der Text kommt leicht und elegant daher und ist doch ganz nah am Original: „The birds are singing merrily, / While falls in gentle showers / A rain of snow-white flowers.” (“Die Vöglein singen allzumal, / Ein Blütenschnee und Regen / Fällt nieder allerwegen.“)

Die italienische Übersetzung erschien 1878, ein Jahr nach der englischen. Dort klingt die gleiche Stelle des Mailieds auch nicht übel: „Cade di fiori un nembo, e d‘ ogni intorno / Cantan gli augelli quanto è lungo il giorno.” Doch die nächsten Strophen verunglücken. Aus Scheffels „Drum schwirren durch den Tann herum / Die Maienkäfer braune.“ wird eine durch den Wald quiekende Kakerlake („Per questo va stridendo alla foresta / Lo scarafaggio”) und der Jubel, der selbst den „grauen Biedermann“ erfasst: „Und hüben tönt’s und drüben: / Im Mai da ist gut lieben!“ klingt im italienischen Lied wie der Grabgesang eines Uralten: „De la vita alla fine del viaggio, / Altra gioja non ha, che il giovin maggio.” (Am Ende seines Lebensweges bleibt ihm nur die Freude über den jungen Mai.)
Giovanni Battista Fasanotto, der Übersetzer des „Trombettiere“, war ein angesehener Rechtsanwalt und Kunstförderer aus Verona. Seine Bewunderung für den gleichaltrigen deutschen Dichter nördlich der Alpen war immens, und er wollte Scheffel durch eine möglichst klassische, formvollendete Übersetzung ehren. Scheffels humorvolle Töne passten nicht in dieses Konzept.

Ein Vierteljahrhundert später stellte der Chefredakteur eines Lokalblattes aus dem Schweizer Jura mit Verwunderung fest, dass seine deutschsprachigen Landsleute Scheffel nach wie vor mit Begeisterung lasen. Aber weder in der kleinen Schweiz noch im großen Frankreich gab es eine Übersetzung des Trompeters. So machte sich Alfred Ribeaud an die Arbeit. Im Jahr 1902 erschien „Le Trompette“ und selbst die Kollegen der konkurrierenden Presse waren voll des Lobs.
Ribeauds Text ist flott zu lesen, durchgängig gereimt, hier und da etwas oberflächlich. Mit einem Wort, das glatte Gegenteil der italienischen Übersetzung: „Au mois de Mai, chacun se grise / D’air pur, d’amour et de plaisir. / Tel honnête homme à barbe grise / Se sent tout à coup rajeunir.“ („Jetzunder denkt, wer immer kann, / Auf Kurzweil, Scherz und Minne; / Manch einem grauen Biedermann / Wird’s wieder jung zu Sinne.“) Der Wortlaut ist nicht immer entscheidend, sondern das Gefühl, das beim Leser geweckt wird. Und da liegt Ribeaud richtig.

Den englischen Text konnte man bisher schon mit einiger Mühe im Internet finden. Das französische und das italienische Buch existiert nur noch in wenigen Exemplaren. Wenn die Scheffel-Freunde beide Übersetzungen wieder zugänglich gemacht haben, dann geschah das, um im In- und Ausland die Neugier auf Scheffels Werk wach zu halten. Rebecca Brünnow widmete ihre Übersetzung den Iren, weil sie glaubte, sie würden sich für den heiligen Fridolin interessieren. Leser fand ihr Buch auf der grünen Insel nur wenige, sehr viele dagegen in den Vereinigten Staaten, die ihr Vater im beruflichen Zorn verlassen hatte. So unberechenbar ist das Schicksal von Büchern oft.